Wer darf wo jagen und was darf er dabei tun?
Wer einen Jagdschein besitzt, darf nicht einfach ein Schießeisen zur Hand nehmen, hinausgehen und auf jagdbares Wild schießen. Er darf nur da jagen, wo er das Jagdrecht hat oder wo ihm der Inhaber dieses Jagdrechts erlaubt hat, zu jagen.
Das Wort „Jagdrecht“ hat zwei Bedeutungen: Zum einen kann es die Gesamtheit der rechtlichen Regelungen meinen, die für die Jagd bestehen. Zum anderen kann es das persönliche Recht bezeichnen, an einem bestimmten Ort die Jagd auszuüben. Hier soll es um die Letztere Bedeutung dieses Wortes gehen.
Was das Jagdrecht umfasst
Was es bedeutet, irgendwo das Jagdrecht zu haben, steht im Bundesjagdgesetz:
Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.
Bundesjagdgesetz
Um also irgendwo jagen zu dürfen, muss Du entweder dort das Jagdrecht besitzen oder dessen Inhaber muss es Dir erlaubt haben. Wenn Du mit einer Jagderlaubnis des Inhabers in einem Jagdrevier jagst gibt es eine etwas ulkige rechtliche Situation: Du jagst sozusagen nicht selbst sondern es jagt der Inhaber des Jagdrechtes. Das bedeutet nun aber nicht, dass Du nicht selbst für das verantwortlich wärst, was Du tust. Du musst natürlich auch einen Jagdschein besitzen. Aber das Wild, dass Du erlegst, geht in dem Augenblick, wenn Du es in Besitz nimmst, in das Eigentum des Inhabers des Jagdrechts über. Kaufmännisch ausgedrückt könnte man sagen: Du handelst im Namen und für Rechnung des Jagdberechtigten.
Das Eigentum am Wild
Unter dem rechtlichen Aspekt des Eigentums betrachtet ist das Wild eine herrenlose Sache. Eine herrenlose Sache darf sich grundsätzlich mal jeder aneignen. Dadurch dass er sie in Besitz nimmt, erwirbt er Eigentumsrecht daran. Beim Wild ist es aber so, dass nur der Inhaber des Jagdrechts berechtigt ist, sich diese an sich herrenlose Sache anzueignen.
In der Praxis bedeutet das eben, dass das von dir erlegte Wild dem Jagdherrn gehört. Wenn Du es selbst essen willst, wirst Du es in der Regel von ihm kaufen müssen. Oft verlangt auch der Jagdherr, dass Du ihm das erlegte Wild abkaufst, um es selbst zu essen oder weiterzuverkaufen. Dann muss er sich nämlich nicht selbst um die Vermarktung kümmern. Das ist sogar oft der Fall; seltener ist es, dass der Jagdherr alles Wild für sich selbst beansprucht und es Dir grundsätzlich nicht verkauft. Ich hatte einmal eine solche Jagdgelegenheit. Und zwar hatte die Frau des Jagdherrn ein Speiselokal, für das sämtliches Wild aus dem Revier benötigt wurde.
Das Jagdrecht und seine Tücken
Übrigens betrifft das Jagdrecht nicht nur lebendes Wild. Auch totes Wild und sogar Teile des Wildes darf sich nur der jeweilige Inhaber des Jagdrechts aneignen. Wenn Du eine Reh, das Dir ins Auto gerannt ist, als „Schadenersatz“ einfach einpackst, machst Du Dich der Wilderei schuldig. Im schlimmsten Fall kann das sogar – zumindest theoretisch – den Führerschein kosten. Du hast nämlich mithilfe Deines Autos eine Straftat begangen. Das ist im Prinzip so, wie wenn ein Dieb seine Beute mit dem Auto abtransportiert.
Aber auch das Mitnehmen von Abwurfstangen, das sind die Gehörne der Rehböcke und die Geweihe der Hirsche, die jedes Jahr abfallen und neu wachsen, ist Wilderei.
Wer das Jagdrecht hat
Früher einmal, in uralten Zeiten, konnte jeder überall jagen. Später dann krallte der Adel sich das alleinige Recht zu jagen. Etwas übertrieben ausgedrückt wurden gewöhnliche Leute auf grausame Art hingerichtet, wenn sie das Wild auch nur unfreundlich anguckten.
Das änderte sich durch die Revolution von 1848. Eine der wenigen für den einfachen Mann positiven Folgen war, dass sie nun jeder auf seinem eigenen Grund und Boden das Jagdrecht hatte. Und so ist es auch heute noch bei uns in Deutschland. Im Prinzip hast Du in Deinem Haus und in Deinem Garten das Jagdrecht. Du darfst aber trotzdem keine Hasen erschießen, die in Deinem Garten an den Kohlköpfen knabbern. Auch nicht, wenn Du einen Jagdschein hast, denn im „befriedeten Bezirk“ – das sind im Prinzip geschlossener Ortschaften – ruht die Jagd, wie es im Jagdgesetz heißt.
Das Jagdrecht im Jagdbezirk
Ausgeübt wird das Jagdrecht in so genannten Jagdbezirken. Da wäre zunächst der Eigenjagdbezirk. Grundsätzlich wird die Jagd dort ausgeübt, wo man Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft betreiben kann. Das heißt auf Feldern und Wiesen, im Wald und auf Gewässern. Wenn jemand mindestens 75 ha solcher Flächen an einem Stück besitzt, darf er dort jagen, wenn er einen gültigen Jagdschein hat. Er kann dieses Jagdrechts aber auch an jemanden verpachten, der einen Jagdschein hat und jagdpachtfähig ist. Jagdpachtfähig wirst Du, wenn Du drei Jahre lang einen Jagdschein gehabt hast.
Wenn Du genug Geld hast, kannst Du Dir zum Beispiel ein Stück Wald mit mindestens 75 ha kaufen, um dort zu jagen. So etwas nennt man „Zahnarztjagd“. Wer so etwas hat kann das als Forstbetrieb anmelden und die eventuellen Verluste, die er dann damit macht, von der Steuer absetzen. Und damit natürlich die Kosten, die durch die Jagd entstehen. Weil man Zahnärzten nachsagt, viel Geld zu verdienen und Möglichkeiten zu suchen, ihre Einkommensteuer zu mindern, nennt man solch einen Konstrukt bzw. ein Waldgrundstück, in einer Größe die sich dafür eignet, eben „Zahnarztjagd“.
Es gibt nämlich keine Möglichkeit, die Kosten für die Jagd an sich von der Steuer abzusetzen. Was nun die Regeln für die Arbeitssicherheit betrifft, wird ein Jagdrevier zwar als Betrieb betrachtet, aber nicht steuerrechtlich. Der Jagdherr – egal ob er eine Eigenjagd oder ein gepachtetes Revier hat – muss Mitglied der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sein und dafür sorgen, dass deren Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden. Will er aber die Kosten für Jagd von der Steuer absetzen, lacht das Finanzamt nur dreckig und erklärt ihm, dass ein Jagdrevier grundsätzlich eine Liebhaberei sei. Dafür braucht er aber auch die Einnahmen aus der Jagd nicht zu versteuern; sie gelten als gelegentliche Einkünfte aus einer Liebhaberei.
Der gemeinschaftliche Jagdbezirk
Große Bauernhöfe und auch entsprechende Forstbetriebe sind also Eigenjagdbezirke. Letzteres ist der Grund, warum die Förster im Staatswald jagen und Leute zur Jagd einladen dürfen. Auch wenn der Staatswald über das Land verteilt ist, sind die einzelnen Wälder doch in aller Regel groß genug, um Eigenjagdbezirke darzustellen. Aber nicht alle Grundbesitze, auf denen man jagen darf, sind groß genug um solche Eigenjagdbezirke zu bilden.
Heutzutage gibt es fast nur noch große landwirtschaftliche Betriebe. Das war nicht immer so und auch bei den heutigen großen Bauernhöfen müssen nicht unbedingt alle Flächen dem Bauern selbst gehören. Oft gehören sie ehemaligen kleineren Bauern bzw. deren Erben. Es gibt also allerhand Flächen, die vom Prinzip her bejagt werden dürfen, die aber zu klein für Eigenjagdbezirke sind.
Nach der Revolution von 1848 durfte jedermann auf seinem Äckerle oder seinem Wiesle, und war es auch noch so klein, auf die Jagd gehen. Das hatte katastrophale Folgen für den Bestand an Wild. Es musste dringend eine andere Regelung her. Wegnehmen konnte man dem Bürger das Jagdrecht aber nicht mehr. Daher schuf man unser Reviersystem mit den Eigenjagdbezirken und den gemeinschaftlichen Jagdbezirken.
Grundstücke, die man zwar bejagen kann, werden zu so genannten gemeinschaftlichen Jagdbezirken zusammengefasst. Man hat sich dabei ursprünglich wohl an den Gemarkungen, also an den Flächen, die zu einem Ort gehören, orientiert. Ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk muss mindestens 150 ha umfassen. Meist sind die Gemarkungen, die zu einer Ortschaft gehören jedoch größer, so dass man daraus mehr als einen Jagdbezirken machen kann. Wenn man Jagdbezirke geteilt, muss jeder der entstehenden Jagdbezirke mindestens 250 ha groß sein. Man kann wohl sagen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers gemeinschaftliche Jagdbezirke möglichst mindestens 250 ha haben sollen, wenigstens aber 150 ha.
Die Jagdgenossenschaft
Die Grundeigentümer, deren Grundstücke zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden die so genannte Jagdgenossenschaft. Sie besteht kraft Gesetzes, ob die Grundeigentümer das wollen oder nicht. Sie können sich konstituieren und einen Vorsitzenden, den so genannten Jagdvorstand bestimmen und gemeinsam über die Belange des Jagdbezirks entscheiden. Tun sie das nicht, übernimmt die Kommune diese Aufgaben und der Bürgermeister wird Jagdvorstand.
Die Jagdgenossenschaft entscheidet darüber, wie Jagd in Ihrem Jagdbezirken ausgeübt wird. Theoretisch könnte sie zum Beispiel einen Berufsjäger anstellen, der den Jagdbezirk bejagt. Das ist aber nur eine theoretische Möglichkeit. Warum sollte man jemanden fürs Jagen bezahlen, wo es doch genug Jäger gibt, die selbst sogar dafür bezahlen, wenn sie jagen dürfen?
Die Jagdgenossenschaft könnte auch die Jagd selbst regeln, Jagderlaubnisse erteilen und das erbeutete Wild vermarkten. So etwas nennt man Regiejagd. In der Regel aber wird eine solche Jagd verpachtet. Jagdgenossenschaft schließt dann mit einem pachtfähigen Jäger einen Jagdpachtvertrag, der im Allgemeinen neun Jahre läuft.
Den Erlös für die Jagdpacht verteilt man vom Prinzip her unter die Jagdgenossen. Den Anteil, den jeder entsprechend der Größe seines Grundbesitzes bekommt, nennt man Auskehrung oder Pachtschilling. man stimmt darüber ab, was mit dem Erlös passiert. Ob man ihn auszahlt oder anderweitig zu gemeinsamen Zwecken verwendet. Zum Beispiel, um Maschinen zu kaufen, die man gemeinsam genutzt. Wenn nun die Mehrheit gegen eine Auszahlung stimmt, muss aber trotzdem, jedem, der nicht dafür gestimmt hat, sein Pachtschilling ausbezahlt werden.
Jagdrecht und Wildschaden
Der für die Bauern interessanteste Aspekt an der gemeinschaftlichen Verpachtung ist aber nicht der Pachtschilling, den jeder bekommen kann. Oft ist der Grundbesitz des einzelnen so klein, dass seine Auskehrung gerade einmal einige -zig Euro im Jahr beträgt. Der größte Vorteil der Verpachtung besteht darin, dass man so den Wildschaden bezahlt bekommen kann.
Das Jagdgesetz sieht vor, dass man die Schäden, die von bestimmten Wildarten an den landwirtschaftlichen Kulturen verursacht werden, auf die gesamte Jagdgenossenschaft umlegt. Wird man es in der Praxis so machen, könnte es aber Probleme geben. Es gibt in der Jagdgenossenschaft Grundbesitzer, die ihre Grundstücke gar nicht landwirtschaftlichen nutzen, sondern verpachtet haben. Die würden diese sich bedanken, wenn sie für den Wildschaden der aktiven Landwirte mitbezahlen müssten. Womöglich auch noch mehr, als ihr Pachtschilling beträgt.
Risiko auf den Jäger abwälzen
In der Regel entsteht dieses Problem in der Praxis aber erst gar nicht. Es gibt bei uns in Deutschland Vertragsfreiheit und die besagt, dass man vertraglich alles vereinbaren darf, was nicht gegen Gesetze oder Gute Sitten verstößt. Daher verpflichtet man in aller Regel im Jagdpachtvertrag den Pächter, für den Wildschaden aufzukommen.
Jagdreviere sind rarer als Jäger, die gerne eines pachten möchten. Und Bauern sind nicht dumm. Daher müssen die Jagdpächter zähneknirschend die Jagdpachtverträge mit der Verpflichtung zum Wildschadenersatz unterschreiben. Tut einer das nicht, gibt es genug andere, die das tun. So sind die Bauern vor dem Wildschaden geschützt: Der Jäger sorgt dafür, dass erst gar kein Wildschaden entsteht. Oder er bezahlt ihn.
In jüngerer Zeit gibt es hier aber in manchen Gegenden Probleme: Wo durch die immense Zunahme der Wildschweine exorbitante Wildschäden entstehen, wird es schwer bis unmöglich, noch Pächter zu finden. Wo das der Fall ist, deckelt man heute der Wildschaden in den Pachtverträgen, um das finanzielle Risiko des Pächters überschaubar zu halten. Das ist sonst nämlich immens. Weder gibt es eine Versicherung dagegen noch kommt man aus einem laufenden Pachtvertrag heraus, wenn die Jagdgenossenschaft das nicht will. Und es ist leicht denkbar, dass man auf diese Weise bis in die Privatinsolvenz kommen kann.
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