Gut gespannt ist halb zerspant

Ein Mann, der an allen möglichen Dingen herumwerkelt, muss unbedingt einen Schraubstock haben. Eigentlich ist er ja für Dinge aus Metall gedacht, er lässt sich jedoch notfalls auch gut als Spannmittel für Werkstücke aus Holz missbrauchen. Und wenn man sich schon einen zulegt, sollte es auch ein anständiges Exemplar sein.

Eine Heimwerker, wenn er sich nicht auf den baulichen Bereich beschränkt, wird kaum ohne einen vernünftigen Schraubstock auskommen. Man kann ihn nicht nur gebrauchen, wenn man etwas eingespannt, um es zu bearbeiten. Auch für Montage- und Demontagezwecke ist er oft fast unverzichtbar. Auf jeden Fall braucht man einen, wenn man schlossert.

Schraubstock, Eisensäge, Feilen
Metall sägen und feilen gehört zu den „Standard“-Schraubstockarbeiten (Bild: Autor)

Um es einmal unumwunden zu sagen: Ein anständiger Schraubstock kostete früher in aller Regel allerhand Kohle. Jedenfalls, wenn es ein Markenprodukt war. Marken, die mir da einfallen sind Boley, Leinen und Peddinghaus. Solche Schraubstöcke waren früher recht teuer. Komischerweise findet man sie heute im Internet teilweise für unter 200 €.

Schraubstock billig aus dem Baumarkt oder lieber gebrauchtes Profi-Teil?

Im Baumarkt bekommt man Schraubstöcke heutzutage für weit unter 100 €. Einem solchen Ding würde ich aber nicht unbedingt über den Weg trauen. Meist gilt doch die alte Regel: Wer billig kauft, kauft doppelt. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Es gibt wohl in verschiedenen Bereichen das eine oder andere Produkt, das, obwohl billig, erstaunlich gut ist.

Mir fallen da zwei Beispiele aus der Optik ein: Anfang der Neunzigerjahre kaufte ich mir einmal ein 500 mm Teleobjektiv für 189 DM. In der Fachpresse nannte man es seinerzeit die Wundertüte. Natürlich kann es sich nicht wirklich mit schweineteuren Teleobjektiven von Zeiss messen und ist recht unhandlich. Aber es bietet eine erstaunliche Bildqualität und ich besitze es heute noch; ich habe es auch schon mit Adapter an meiner digitalen Spiegelreflex verwendet.

Radiusfeilen im Schraubstock
Feilen im Schraubstock, übrigens der im text erwähnte Bilig-Schraubstock (Bild: Autor)

Das andere sind Zielfernrohre von Bushnell. Größere Brennweiten habe ich noch nicht probiert, auf meinem Drilling und meinem 98er habe ich richtig gute Röhren von Swarowski. Aber auf meiner KK-Selbstladebüchse habe ich eins von Bushnell, das keine 100 € gekostet hat und einwndfrei ist.

Zurück zum Thema: Bei mir gibt es auch noch so einen Billig-Schraubstock, in der alten Werkstatt vom Opa selig. In dem habe ich sogar mal ein ordentliches Stahlrohr für die Mastlegevorrichtung meiner Yacht gebogen. Hat das Ding tatsächlich ausgehalten. Vielleicht auch so ein Fall?

Darauf würde ich mich aber beim Schraubstockkauf nicht verlassen. Wer will, kann sich ja sowas kaufen, die Rechnung aufheben und zu Hause unverzüglich einen Härtetest machen. Überlebt das Teil das, ist es gut. Wenn nicht, geht es halt wieder heim zum Verkäufer: Geld zurück!

Gewindeschneiden im Schraubstock
EIn Außengewinde wird geschnitten: Auch hier ist der Schaubstock praktisch unverzichtbar (Bild: Autor)

Gute Schraubstöcke leben lange. Meiner könnte durchaus älter sein als ich selbst. Der Onkel Willi aus der Schwiegerverwandtschaft hat ihn möglicherweise vor vielen, vielen Jahren an seiner Arbeitsstelle im Aalener Gaswerk mitgehen lassen. Als er – und auch das ist schon länger her – gestorben ist, habe ich das Dingens aus seinem Nachlass gerettet.

Alte professionelle Schraubstöcke findet man oft auch in Kleinanzeigen im Netz. Wenn der Preis stimmt, kann man durchaus sowas nehmen.

Bau- und Funktionsweisen von Schraubstöcken

Die Geschichte von Onkel Willis Schraubstock ist nur die halbe Wahrheit. Die ganze: Es waren zwei Schraubstöcke, ein so genannter Parallel-und ein Schmiedeschraubstock. Und alle beide leisten mir treue Dienste in meiner Werkstatt.

Parallelschraubstock
Mein Parallelschraubstock, das Erbstück vom Onkel Willi (Bild: Autor)

Ein Parallelschraubstock besitzt einen Festbacken und einen Gleitbacken. Der Gleitbacken wird in einer Führung von der Schraubstockpindel hin und her bewegt. Wenn man etwas einspannen will, drückt man das jeweilige Teil mit dem Gleitbacken gegen den Festbacken, in dem man die Spindel anzieht.

Weil sich der Gleitbacken linear hin- und her bewegt, bleiben die beiden Backen immer parallel, egal wie weit sie auseinander sind. Daher packt ein Parallelschraubstock Werkstücke mit zwei parallelen Seiten immer vollflächig an, egal wie breit oder wie schmal sie sind. Deswegen nimmt man so einen Schraubstock, um Werkstücke für die klassischen Schraubstockarbeiten einzuspannen: Feilen, Sägen, Gewindeschneiden mit Schneideisen oder Handgewindebohrern und Ausreiben von Bohrungen mit der Handreibahle. Das letzte wird aber allenfalls noch von Lehrlingen in der Ausbildung gemacht.

Aufgrund der recht präzisen Führung ist der Parallelschraubstock ein wenig empfindlich gegen grobe Schlosserhände: Schwere Biegearbeiten sollte man in ihm lieber nicht ausführen, auch wenn ein guter Parallelschraubstock es nicht übel nimmt, wenn man mal ein 10er Rundeisen darin biegt.

Schmiedeschraubstock
Mein Schmiedeschraubstock, ebenfalls ein Erbstück vom Onkel Willi (Bild: Autor)

Für richtig schwere Biegearbeiten, wie sie beim Schmieden und Schlossern vorkommen, gibt es den Schmiedeschraubstock. Er hat keine empfindliche Führung, sondern funktioniert wie eine Zange. Der bewegliche Backen schwenkt hier um einen Bolzen. Das ist wesentlich robuster als die Führung des Parallelschraubstocks, hat aber auch einen Nachteil: Wenn man einen Schmiedeschraubstock aufmacht, bleiben die Backen nicht parallel, sondern sperren das Maul auf, weil sie sich auf einem Kreisbogen bewegen.

Notfalls kann man aber einen Schmiedeschraubstock auch für Schraubstockarbeiten verwenden. Das ist zwar suboptimal, aber ich hatte jahrelang auch nur einen kleinen Schmiedeschraubstock. Bis ich die beiden Schraubstöcke vom Onkel Willi geerbt hatte und dazugekommen war, sie an einer stabilen, selbst gebauten Werkbank zu montieren. Seitdem zieren sie meine Schrauberbude/Schmiede.

Schraubstockbacken Billigschraubstock
Backen eines Billigschraubstocks (Bild: Autor)

Bewegt wird der bewegliche Backen in jedem Fall von einer Spindel mit einem Gewinde. Bei einem ordentlichen Schraubstock ist das ein Trapezgewinde. Spitzgewinde, wie man sie verschrauben mag, eignen sich für Befestigungsgewinde. Das auf der Schraubstockspindel ist aber ein Bewegungsgewinde und hier ist das Trapezgewinde angesagt.

Die Backen des Schraubstocks

Bei einem Schmiedeschraubstock sind die Backen glatt und jeweils aus einem Stück. Bei billigen Parallelschraubstöcken sind sie sie oft auch aus einem Stück, aber geriffelt. Ein Parallelschraubstock – sofern es ein ordentlicher ist – hat am Gleitbacken und am Festbacken jeweils auswechselbare, gehärtete Bäckchen, die mit je zwei versenkten Schrauben befestigt sind. Man kann hier geriffelte einsetzen, das ist der Standard. Es gibt auch glatte; die sind für Werkzeugmacher.

Auswechselbare Backen beim professionellen Schraubstock (Bild: Autor)

Wenn man empfindlicher Werkstücke einspannt, verwendet man zusätzlich Schutzbacken. Es gibt solche aus Aluminium, die sind schön weich und man kann sie fertig kaufen. Man kann auch welche aus Stahlblech machen, indem man ein Blech in entsprechender Größe rechtwinklig abkantet. Für ganz empfindliche Werkstücke macht man sich Schutzbacken aus Karton.

Es gibt außer dem typischen Rohrschraubstock auf dem Dreibein auch spezielle Parallelschraubstöcke für Installateure und Heizungsbauer. Ein Parallelschraubstock für Installateure ist weniger schwer gebaut als ein normaler, hat aber unterhalb der Backen zwei Prismen, mit denen man Rohre einspannen kann.

Aus was sollte der Schraubstock sein?

Ein Schraubstock wird eigentlich immer aus einem Eisenwerkstoff gemacht sein. Das mieseste Material dafür ist Grauguss, also gewöhnliches Gusseisen. Natürlich hat auch Grauguss seine Berechtigung als Werkstoff, aber nicht, wenn er wie beim Schraubstock auf Biegung belastet wird. Grauguss ist zwar sehr druckfest und zusätzlich auch schwingungsdämpfend, aber eben nicht auf Biegung belastbar.

Blanke Teile schützt man beim Einspannen mit Schutzbacken aus Karton (Bild: Autor)

Schraubstöcke aus Grauguss sind also schlecht, Schraubstöcke aus Stahlguss gut und solche aus geschmiedetem Stahl ganz gut. Stahlguss ist im Gegensatz zu Grauguss auch zäh, was ihn zu einem brauchbaren Werkstoff für einen Schraubstock macht.