… und auch nicht nur in Bayern

Angeblich darf eine Weißwurst ja das Zwölfuhrläuten nicht hören und man darf auf keinen Fall die Haut mitessen. Dazu trinken muss man unbedingt Weißbier. Wer gerne Regeln bricht, wird feststellen, dass man keinesfalls stirbt, wenn man eine, zwei oder gar alle drei dieser Regeln bricht. Zumindest nicht, wenn keine eingefleischten Bayern zugegen sind, die einen ob solch frevelhaften Tun lynchen könnten.

Die Weißwurst ist – zumindest gefühlt – so eine Art bayerisches Grundnahrungsmittel. Dass man sie nur vormittags essen sollte, ist heute nicht mehr aktuell: Diese Regel stammt nämlich aus der Zeit, als es noch keine Kühlung gab. Weißwürste wurden frühmorgens in der Metzgerei gemacht und können verhältnismäßig leicht verderben. In der Kühltheke des Metzgers überlebt sie heute jedoch die Mittagsstunde spielend. Selbst in Bayern kann man die Weißwurst daher mittlerweile auch in Wirtschaften ganztägig ordern.

Auch die Brezel, die man traditionell dazu isst, sollte früher dass Zwölfuhrläuten nicht hören. Das ist aber ebenfalls hinfällig, da die Bäcker nichtmehr nur frühmorgens, sondern ganztägig (auf-)backen. Und selbst gebräunte Aufback-Brezeln aus dem Kühlregal sind ebenfalls immer frisch. Und natürlich gehört auch der süße bayerische Weißwurst-Senf dazu.

Weißwurst mit den Fingern gepuhlt
Also mal ehrlich: Appetitlich ist anders! Dann schon lieber den Darm mitessen… (Bild: Burkhard Mücke/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 4.0 International)

Wo, wann und von wem die Weißwurst erfunden wurde, weiß man wohl nicht so genau. Es gibt eine Geschichte, dass einem Münchener Gastwirt und Metzger beim Bratwurstmachen der Schafsdarm ausgegangen war und sein Lehrling ihm fälschlicherweise Schweinedärme besorgte. Der Wirt verwendete diese notgedrungen. Er machte die Würste dann aber in Wasser heiß, anstatt sie zu braten, weil er Sorge hatte, dass der Schweinedarm sonst platzen könnte. Das soll 1857 im Gasthaus „Zum Ewigen Licht“ zu München am Faschingssonntag passiert sein.

Tatsächlich aber lässt sich die Weißwurst schon früher nachweisen. Auf jeden Fall gibt es sie schon so lange, dass sie auch nach bayerischen Maßstäben eine Tradition ist. Und sie schmeckt in der Tat gut, auch wenn man sie jenseits des weiß-blauen Zaunes verzehrt. Mittlerweile bekommt man sie ja nicht nur bei außerbayerischen Metzgern, sondern auch abgepackt im Supermarkt.

Darf man den Darm mitessen?

Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum man bei der Weißwurst den Darm nicht mitessen sollte. Mir persönlich ist es zu blöd, sie aus der Haut heraus zu zuzeln. Und dazu, sie sachgemäß nach alter Väter Sitte zu häuten, bin ich zu faul.

Der Darm einer Weißwurst ist ein Naturdarm, der einem genauso wenig schadet, wie der einer anderen Wurst, die im Naturdarm verkauft wird. Als Schwabe kann man auch argumentieren, dass man ihn schließlich mitbezahlt hat. Und schließlich der stichhaltigste Grund: Ich mache das fast jeden Samstag und bin bisher noch nicht daran gestorben.

Weißwurst und Brezel
Weißwurst, süßer Senf, Brezel und – oh Schreck! – kein Weißbier, sondern eine Cola (Bild: Autor)

Meist ist es auch schon nach 12:00 Uhr, wenn ich dazu komme meine Weißwürste und meine Brezel zu verzehren. Das ergibt sich aus meiner Gewohnheit, mir die Weißwürste erst zu gönnen, wenn ich trainiert habe. Und dass du ja nicht gleich nach dem Aufstehen, denn vorher muss erst mal richtig wach werden.

Was das Weißbier angeht: Zum einen halte ich es generell für eine suboptimale Idee, so früh Alkohol zu trinken. Außerdem gibt es bei mir immer wieder lange Perioden, in denen ich überhaupt keinen Alkohol trinke. Wenn ich im Training bin, weil Alkohol kontraproduktiv ist, wenn man Körperfett abbauen will. Und weil sich Motorradfahren und Alkohol überhaupt nicht vertragen und ich das erstere am Samstagnachmittag eben oft vorhabe.

Alkoholfreies Weißbier? Das ist in meinen Augen genauso Pfui Deibel wie auch sonst alkoholfreies Bier. Wenn schon, denn schon – und wenn ich aus den obigen Gründen eben kein richtiges Bier trinke, will ich auch kein Surrogat. Und deswegen breche ich auch die letzte der Regeln mit dem Weißbier und trinke eine Cola zu meiner Weißwurst. A man has to do what a man has to do…

Zubereitung und Essen von Weißwurst

Es gibt hier bei YouTube ein Video, in dem gezeigt wird, wie man Weißwürste richtig warm macht und enthäutet. Wichtig ist, dass man die Weißwurst – wie sämtliche Würste, die man im Wasser heiß werden lässt – in Wasser tut, dass gerade aufgehört hat zu kochen. Auch das Salzen des Wurstwassers ist generell eine gute Idee, wenn man vermeiden will, dass die Würste platzen.

In dem Video wird empfohlen, die Würste 12 Minuten ziehen zu lassen und den Topf dafür von der heißen Platte zu ziehen. Das werde ich demnächst einmal probieren. Bisher habe ich nämlich meine Weißwürste immer 20 Minuten ziehen lassen und den Topf auf der Platte gelassen, die ich auf eine so kleine Stufe stelle, dass das Wasser nicht mehr anfängt zu kochen. Der Metzger, von dem ich mir mein selbst geschossenes Wild zerwirken lasse, hat mir das so empfohlen: 15 Minuten für Saitenwürstchen (Wiener Würstchen, Frankfurter…), 20 Minuten für Heiße Rote. Und das mache ich auch so bei anderen Würsten, die von Größe und Form einer der beiden Sorten entsprechen.